Überlegungen zum Bebauungsplan 83b, Neue Mitte Karlsfeld
Die vorliegende Planung der „Neuen Mitte“ 83b sieht vor (und wirft damit wesentliche Fragen auf, ohne Lösungen vorzuschlagen…):
Neue Mitte Platz:
Der geplante Platz hat eine Größe von ca. 1000 qm (es wird immer von 1100qm gesprochen; dies hat seinen Grund darin, dass der breitere Bürgersteig, welcher zum Platz führt, als Teil des Platzes angesehen wird!) und ist damit deutlich kleiner als der bestehende alte Marktplatz! Er ist an drei Seiten umgeben von bis zu achtstöckigen hohen Häusern, grenzt an eine befahrbare Straße und liegt gegenüber des großflächigen (und laut Gemeinde verkehrsträchtigeren) Einzelhandels (Vollversorger 2.300qm, Drogeriemarkt 1.400qm, Discounter 1.000qm (Quelle: http://neue-mitte-portal.de), das entspricht den Verkaufsflächen von REWE, DM und Penny beim m3 Einkaufszentrum).
o Ist ein Platz dieser Größe geeignet für einen Begegnungs- und Veranstaltungsort, wie ich ihn mir schon lange für unser Karlsfeld wünsche?
o Werden die Anwohner der direkt angrenzenden Wohnbebauung Veranstaltungen tolerieren?
o Wird der Platz durch die umliegenden hohen Häuserriegel nicht noch kleiner wirken, als er ohnehin schon ist?
o Werden die hohen Häuser den Platz unangenehm verschatten und so die Aufenthaltsqualität beeinträchtigen?
o Wird der angrenzende Verkehr und der damit verbundene Lärm stören?
o Entsprechen nur in der Höhe variierte Gebäuderiegel mit Flachdach, sowie großflächige Supermarktbauten und eine frequentierte Straße in der unmittelbaren Umgebung meinem Bild einer identitätsstiftenden Ortsmitte, die zum Verweilen einlädt?
- Nur um den geplanten Platz herum ist Wohnbebauung im Erdgeschoss ausgeschlossen (auf dem Bebauungsplan rot markierter Bereich), nicht aber in der Gartenstraße!
o Bin ich mir bewusst, dass die versprochene „Promenade“ entlang der Gartenstraße vermutlich nie entstehen wird?
o Ist mir klar, dass die Gartenstraße eine hochfrequentierte innerörtliche Straße bleiben wird und nie zum Flanieren einladen wird?
o Wird die Gemeinde stark bleiben, und eine Umwandlung der Geschäftsflächen um den Platz in Wohnraum ablehnen, wenn der Investor diese nicht schnell genug vermarkten kann?
o Bin ich mir dessen bewusst, dass der Platz möglicherweise nur von Wohnhäusern und großflächigen Supermärkten umgeben ist und entspricht dies meinem Bild von einem Platz mit Aufenthaltsqualität, den ich mir für Karlsfeld wünsche?
- Der Platz bleibt laut Bebauungsplan Privatfläche, auch wenn er laut Vereinbarung öffentliche Verkehrsfläche wird und nicht umgewidmet werden darf.
o Wird der Platz möglicherweise trotzdem von Autos befahren?
o Wird der Investor den Platz für öffentliche Veranstaltungen freigeben?
o Was wird aus dem Platz, wenn die Gemeinde dem Investor erlaubt, die umliegenden Geschäfte in Wohnraum umzuwidmen?
Anbindung bestehender Strukturen:
- Im Gegensatz zum Bebauungsplan 83a sieht der zur Abstimmung vorliegende Bebauungsplan 83b die Verbindungsstraße zwischen Gartenstraße und Pfarrer-Mühlhauser-Straße nicht wie ursprünglich geplant im Anschluss an die Rathausstraße vor. Stattdessen soll die Straße ca. 100m in Richtung Lessingstraße (auf Höhe des orangenen Hauses) in die Gartenstraße einmünden.
o Werden so die Geschäfte des alten Marktplatzes überhaupt von der „neuen Mitte“ profitieren? Oder werden hier nicht gleich die Supermärkte und der neue Platz angefahren?
o Wird dadurch der alte Marktplatz auf lange Sicht leer stehen, kleine Geschäfte lange ansässiger Karlsfelder auf Dauer kaputt gemacht?
o Werden sich beide Plätze tatsächlich gewinnbringend befruchten oder entsteht hier nicht vielmehr eine Konkurrenzsituation und eine weitere Verinselung der Gemeinde?
- Der Platz und die Supermärkte sind vom alten Marktplatz fußläufig nur über die stark befahrene Gartenstraße erreichbar und nicht (wie im alten Bebauungsplan) über einen für den Autoverkehr gesperrten Anger bzw. Marktplatz. Geschäfte sind nicht entlang der Gartenstraße, sondern nur um den kleinen Platz geplant.
o Wenn doch beide Plätze besucht werden, wird dann nicht bequemerweise die Pendelei zwischen beiden mit dem Auto passieren (so wie dies z.B. an der Münchner Straße in Dachau häufig zu beobachten ist) und der Verkehr dadurch zusätzlich zunehmen?
Städtebauliches Konzept / Höhenentwicklung / Zentrumsqualität:
- Es sind durchgängig Flachdach-Gebäude zwischen drei und acht Geschossen geplant. Entlang der Gartenstraße ist von Höhe der Rathausstraße bis zur Planstraße ein durchgängiger Gebäuderiegel geplant, welcher in der Höhe von 3 bis 6 Geschossen variiert (Gebäudehöhen an der Gartenstraße: 2 x 9,5m, 15,5m und 18,5m; zum Vergleich: das Gebäude der „Karlsfelder Meile“ (Media Markt) ist 14,2m hoch! Gebäudehöhen auf dem gesamten Planungsgebiet:3 x 9,5m, 2 x 12,5m, 6 x 15,5m, 1 x 17,5m, 2 x 18,5m, 1 x 21,5m, 1 x 24,5m)
o Entsprechen Gebäude, die ohnehin schon fast durchgängig höher sind als der neue Mediamarkt, und zusätzlich durch die Flachdächer optisch noch wesentlich wuchtiger und höher wirken, als gleich hohe Spitzdachhäuser, tatsächlich meiner Vorstellung einer idyllischen Ortsmitte?
o Warum ist ein achtstöckiges Gebäude (mit 24,5m Höhe) angeblich städtebaulich notwendig?
o Möchte ich, dass solche Gebäude das Ortsbild meiner Gemeinde nachhaltig prägen?
- Die ohnehin kleinen Grünflächen bleiben Privatfläche, sind in vielen Teilen als abgezäunte Gärten für die Erdgeschosswohnungen geplant und liegen innerhalb der Häuserriegel. Die angedeuteten Wege auf dem Bebauungsplan sind Privatwege und nicht für den öffentlichen Verkehr gedacht.
o Profitiere ich als Karlsfelder Bürger von diesen oder wird der Investor bzw. die nachfolgenden Eigentümer den Zugang verweigern? - Der großflächige Einzelhandel ist mitten im Wohngebiet geplant, anstatt sinnvollerweise entlang der Münchner Straße die „Karlsfelder Meile“ zu ergänzen.
o Warum werden diese nicht an die Münchner Straße verlegt, um weniger Verkehr in die bestehenden und neu entstehenden Wohngebiete zu ziehen?
o Auch in Dachau sind am Umspannwerk unter den Stromleitungen Reihenhaussiedlungen entstanden, während hier argumentiert wird, dass eine Wohnbebauung unter der (ohnehin nur zeitweise Strom führenden) Leitung nicht vermarktbar ist (s. Roßwachtstraße Dachau (http://goo.gl/maps/UtquV)). Geht es hier nicht wieder nur um die Flächen- und damit Gewinnmaximierung des Investors, statt um eine für Karlsfeld sinnvolle Planung?
o Verhindert die Ansiedlung zusätzlicher Supermärkte hier nicht die Ansiedelung kleiner Supermärkte, wo es wirklich nötig wäre, um insbesondere älteren Anwohnern kurze Wege zu ermöglichen (z.B. in Karlsfeld West, in der Handwerkersiedlung etc.)?
- Der Rest der ehemaligen Wögerwiese (der Bebauungsplan 83b umfasst ja nur das vordere Drittel) ist noch nicht überplant.
o Würde ich eine Planung für das gesamte Gebiet unter Berücksichtigung bereits vorhandener Strukturen nicht sinnvoller finden?
Verkehr / Stellplätze:
- Die drei großen Supermärkte sind laut Aussage im Gemeindeblatt der „verkehrsträchtigere“ Teil, die „komfortable Erreichbarkeit führt dazu, dass eine hohe Frequentierung dieses Bereiches stattfinden kann“. Die Supermärkte sind auf auswärtige Kunden angewiesen, um sich halten zu können.
o Wird hier das ohnehin vorhandene Verkehrschaos in der Gartenstraße nicht noch zusätzlich verschärft?
o Wird ein sechs Minuten kürzerer Fußweg (so weit sind die aktuell vorhandenen Supermärkte an der Münchner Straße entfernt) tatsächlich so viel mehr Leute als bisher dazu animieren, ihre Einkäufe fußläufig zu erledigen, dass dies den zusätzlichen Verkehr durch auswärtige Einkäufer aufwiegt?
o Gibt es tatsächlich viele Menschen, die zu Fuß zum Vollversorger gehen?
o Oder wird der Verkehr in Karlsfeld dadurch noch einmal rasant zunehmen und ohnehin vorhandene Problematiken wie Stau, Lärm, Unfälle verschärft?
- Entlang der Gartenstraße und der Planstraße sind oberirdische Parkplätze geplant.
o Werden die oberirdischen Parkplätze, welche erfahrungsgemäß bevorzugt genutzt werden (vermutlich auch von den Anwohnern der neuen Mitte, welche sich keinen Tiefgaragenparkplatz gemietet haben), dazu führen, dass die ohnehin vorhandene Parkplatzproblematik in der Gartenstraße eskaliert?
o Wird das Ein- und Ausparken entlang der Gartenstraße und das Umherfahren parkplatzsuchender Autofahrer das Verkehrschaos in der Gartenstraße nicht noch zusätzlich erhöhen? Werden dadurch mehr Unfälle passieren?
- Der Stellplatzschlüssel für die geplanten 220 Wohnungen, welche laut Investors größtenteils in etwa 60qm große Singlewohnungen werden sollen, beträgt 1,2 Stellplätze pro Wohnung.
o Können sich tatsächlich viele Singles eine 60 qm große Wohnung im Speckgürtel von München leisten, oder werden hier nicht vornehmlich Paare einziehen, welche dann zwei Parkplätze pro Wohnung benötigen?
o Wird hier das ohnehin vorhandene Parkproblem in der Gartenstraße und angrenzenden Straßenwie Rathaus- und Lessingstraße nicht noch verstärkt?
o Wieso müssen ansässige Anwohner kleiner Mehrfamilienhäuser an der Gartenstraße für teures Geld eine Tiefgarage bauen, um den allgemein gültigen Stellplatzschlüssel von 1,5 Stellplätzen pro Wohnung einzuhalten, bei den Wohnungen des Investors auf der anderen Straßenseite handelt es sich aber nun um ein „urbanes“ Wohngebiet, für welches 1,2 Stellplätze ausreichend sind? Warum wird dem reichen Investor hier so entgegengekommen und das Parkplatzchaos für die Gemeinde und langansässige Bürger in Kauf genommen?
Nachbarschutz:
- Die Gartenstraße soll verbreitert werden. Die Kosten hierfür tragen anteilig die alteingesessenen Anwohner.
o Warum hat den Nutzen allein der Investor, während die Kosten anteilig auf die alteingesessenen Karlsfelder und die Gemeindekasse zurückfallen?
- An die Gartenstraße grenzt einer der drei großen Supermärkte an. Leuchtreklamen und Ladenbeleuchtungen sind zugelassen, eine zeitliche Beschränkung nur im Zeitraum von 22 – 6 Uhr vorgesehen.
o Werden mich diese möglicherweise nachts stören, wenn ich im Sommer bei offenem Fenster schlafen möchte?
- Ca. 4.700 qm Einzelhandelsfläche sind für Vollsortimenter, Drogeriemarkt und Discounter(ein durchaus mit dem „M3“ vergleichbare Größenordnung) vorgesehen, die auf auswärtige Kunden angewiesen sind, weil sie von Karlsfeldern allein nicht leben können!
o Ist der Gewinn von 6 Minuten Fußweg für mich so groß, dass ich dafür eine erhebliche Zunahme des Verkehrs in Kauf nehme?
o Kann ich damit leben, dass durch auswärtige Kunden der Verkehr im Zentrum erheblich zunehmen statt abzunehmen wird!
o Ist mir bewusst, dass die Supermärkte täglich von bis zu 30 LKW über die Pfarrer-Mühlhauser-Straße und die Gartenstraße beliefert werden (Aussage des Investors welche zusätzlich Lärm und Emissionen mit sich bringen?
o Ist es vertretbar, dass die LKW-Fahrten an einem frequentierten Schulweg durchgeführt werden?
- Für die neuentstehenden Gebäude sind hohe Lärmschutzauflagen vorhanden. Die Anlieger an der ohnehin stark belasteten Gartenstraße werden nicht durch Lärm- oder Immisionsschutzmaßnahmen geschützt.
o Warum wird hier mit zweierlei Maß gemessen?
Allgemeines:
- Ist mir bewusst, was durch ein nicht gewachsenes, sondern innerhalb kurzer Zeit aus dem Boden gestampftes Wohngebiet plötzlich für Aufgaben und Ausgaben (Kläranlage, Kanalisation, Kindertagesstättenplätze…) für meine Gemeinde entstehen werden, die nicht der Investor trägt?
- Warum wird dem Investor in jeder Hinsicht (Parkplätze, Höhenentwicklung, Wasserhaltung…) in so hohem Maß entgegengekommen? Was bringt dieses Baugebiet für mein Karlsfeld und mich als ansässigen Bürger?
- Warum muss ich als ansässiger Bürger bei kleinen Umbauten oder Neubauten auf die Zustimmung der Gemeinde hoffen (z.B. bezüglich Gaubengröße, erlaubte Zaun- bzw. Mauerhöhe, Dachneigung, in manchen Gemeinden sogar Dachziegelfarbe, Bepflanzung des Gartens…), hier heißt es aber, man habe z.B. auf die Fassadengestaltung und die Optik keinen Einfluss und kann lediglich die Baufenster festlegen?
- Gefällt mir diese Bebauung wirklich besser als der alte Bebauungsplan 83a?
- Möchte ich wirklich um jeden Preis die Baugrube so schnell wie möglich zugebaut haben, egal womit, oder stimme ich für eine überlegte Weiterentwicklung meines Karlsfelds?
- Ist eine sofortige Bebauung mit diesem Wohngebiet inklusive dreier Supermärkte, die dann nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, wirklich besser oder nehme ich dann nicht lieber eine längere Wartezeit in Kauf, um Karlsfeld die Chance auf eine Zukunft mit wirklich lebendiger und identitätsstiftender Ortsmitte mit Flair zu ermöglichen?
S.+P. Paintner
Udates:
update 1: der Investor spricht jetzt nur noch von 10 Anlieferungen täglich (s. www.neue-mitte-portal.de).
update 2: laut der Aussage von Hr. Wanka sei im Städtebaulichen Vertrag vereinbart, dass die Erdgeschosse entlang der Gartenstraße von Wohnungen frei gehalten werden und für Geschäfte vorgesehen seien. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann nicht verifiziert werden, da der Städtebauliche Vertrag nicht eingesehen werden kann!
- update 3: laut der Aussage von Hr. Wanka sei im Städtebaulichen Vertrag ebenso vereinbart, dass die Wege durch die Grünanlagen für jedermann zugänglich seien. Die Grünflächen selbst sind aber Privateigentum der Erdgeschosswohnungen… Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann nicht verifiziert werden, da der Städtebauliche Vertrag nicht eingesehen werden kann!
- update 4: laut der Aussage von Hr. Wanka sei im Städtebaulichen Vertrag auch vereinbart, dass jede Wohnung mit einem Stellplatz verkauft werden muss. Wohnungen bis ca. 60-65 Quadratmeter sollen einen Stellplatz, größere Wohnungen zwei Stellplätze erhalten. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann nicht verifiziert werden, da der Städtebauliche Vertrag nicht eingesehen werden kann!
- update 5: Herr Wanka ist der Meinung, dass es aufgrund der Vereinbarung zu der Stellplatzzuteilung überwiegend kleine Wohnungen für Singles gebaut werden. Dies führt aber dazu, dass vor allem junge Karlsfelder Familien wieder keine Vorteile durch diese Planung haben!
- update 6: laut Herrn Wanka errichtet der Investor im ersten Gebäudeabschnitt entlang der Gartenstraße eine Kindertagesstätte. (Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann nicht verifiziert werden, da der Städtebauliche Vertrag nicht eingesehen werden kann!) Ist es sinnvoll, einen Kindergarten bzw. eine Kinderkrippe an eine stark befahrene Straße zu bauen, wenn es gleichzeitig ruhige, vom Verkehr abgeschirmte Bereiche innerhalb der Bebauung gibt?
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